„Liebe Meike (ich hoffe, die persönliche Anrede erscheint nicht unpassend),
nachdem ich Dich im Internet entdeckt habe und von Deinen musikalischen Fähigkeiten begeistert bin, würde ich Dich gerne um Rat bitten.
Ich habe mich jüngst in das Instrument E-Bass verliebt.
Obwohl ich Linkshänderin bin und alles mit der linken Hand erledige (schreiben, schneiden, werfen), habe ich früher 10 Jahre lang eine „normale“ Violine gespielt.
Nun rieten mir ehemalige Musiker-Kollegen zu einem Linkshänder-Bass (Argument: die Rolle der „dominanten“ Rhythmus-Hand). Das machte mich neugierig, und ich habe mich sowohl auf einem Rechts- als auch auf einem Linkshänderbass versucht. Keine der beiden Varianten fühlt sich falsch an, was vielleicht an meiner Linkshändigkeit einerseits und an meinem rechtshändigen Violinspiel andererseits liegen mag.
Mich würde nun Deine Meinung interessieren: Glaubst Du, dass ich mit einem Bass für Linkshänder beginnen und in Sachen Greifhand umlernen sollte? Ich möchte musikalisch nicht meiner Natur zuwider handeln, bin durch das Geigenspiel aber scheinbar stark beeinträchtigt in meiner Einschätzung, wie herum es sich nun „richtig“ anfühlt.
Über Antwort würde ich mich sehr freuen.
Herzliche Grüße
Carolin“
Meike’s Antwort:
„Liebe Carolin,
das scheint für Dich eine verzwickte Situation zu sein – aber Hauptsache zunächst: Du machst Musik und hast den E-Bass für Dich gewonnen! *I like*
Es gibt in vielen Fällen meiner Meinung nach kein „richtig“ und „falsch“. Jeder Mensch lernt mit seinen Gegebenheiten zu leben auf seine Art und Weise und versucht in der Regel das Beste daraus zu machen.
Ich habe mal in einer Band gespielt – einer der beiden Gitarristen war „Beid-Händer“ – er machte im Alltag eigentlich alles mit seiner linken Hand, spielte Gitarre aber wie ein Rechtshänder. Manchmal schrieb er auch aus Versehen mit rechts…
In meinem Privatunterricht hatte ich bisher keine Linkshänder. Bei meinem Workshops in Schulen waren jedoch Linkshänder dabei und sie haben die Gitarren und Bässe für Linkshänder verlangt.
Manchmal habe ich den Linkshändern auf deren Linkshänder-Instrumenten etwas vorgespielt – aber das fühlte sich sehr seltsam für mich an.
Für Dich scheinen beide Wege offen zu sein.
Ich bin Rechtshänderin – aber hätte ich von Anfang an das Gitarrenspiel so beigebracht bekommen als wäre ich Linkshänder, dann hätte ich es sicherlich mit etwas mehr Übung auch auf dieses Level gebracht. Jetzt wäre es nur eine sportliche Herausforderung bzw. Zeitverschwendung die Seiten zu tauschen.
Einer meiner Lehrer hatte einen Schüler, der aufgrund eines Unfalls 1 – 2 Finger seiner Greifhand verloren hat. Trotzdem wollte der Schüler weiterhin Kontrabass spielen – eine sehr große Herausforderung, zumal die Abstände der Töne auf dem Kontrabass- Griffbrett sehr groß sind! Mein Lehrer und er fanden Möglichkeiten mit der neuen Begebenheit umzugehen und waren schließlich damit erfolgreich, wenn man das so nennen kann!
Spontan muss ich an den berühmten Gypsy-Gitarristen Django Reinhardt denken, der aufgrund einer starken Verbrennung seine Greifhand nur noch begrenzt einsetzen konnte. Trotz allem brachte er es auf ein virtuoses Level und einer musikalischen Einzigartigkeit, mit der er immer noch wahnsinnig viele Musiker inspiriert.
Insgesamt könnte ich sagen: „Man lernt mit seiner Behinderung zu leben.“ Vielleicht nicht so charmant gesagt, aber letztlich ist es so.
So wie ich Deine Nachricht verstehe, scheint es für Dich gleich zu sein, ob rechts oder links. Deshalb würde ich sagen: Entscheide Dich und bleibe bei der Entscheidung!
Natürlich könnte ich eine genauere Einschätzung nur in einer 1 zu 1 Situation treffen…
Aufgrund Deiner 10 jährigen Vorerfahrung an der Violine würde ich persönlich wohl dazu tendieren, mich für den Rechtshänder- Bass zu entscheiden. Vielleicht gibt es in Deinem Gehirn noch einige Synapsen, die bewegungstechnisch gut miteinander verschaltet sind, sodass Dir der Beginn auf dem „normalen“ Bass leichter von der Hand geht.
Ich wünsche Dir viel Freude beim Musik machen!
Einen schönen Gruß aus Köln,
Meike
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